Im Schweigen beginnt das Bild

Nebelverhangener Berghang mit stehenden und umgestürzten Baumstämmen, teilweise in diffusem Licht. Stimmungsvoll, ruhig und leicht mystisch, fotografiert von ReBlick.

Ein inneres Lauschen

Manchmal finde ich das Bild nicht.
Oft findet es mich.
Es beginnt im Schweigen.
Noch bevor ich sehe,
beginnt etwas in mir zu fühlen.


Es gibt Momente,
in denen das Bild lange vor der Kamera entsteht.
Nicht im Licht.
Nicht im Motiv.
Sondern in diesem leisen Raum,
der zwischen zwei Atemzügen hängt.


Manchmal frage ich mich, warum ich Linien nicht kontrolliere, Horizonte nicht auswäge, Perspektiven nicht glätte.
Vielleicht, weil es in mir stiller ist als in jedem Lehrbuch.
Vielleicht, weil mein Blick anders fällt.
Vielleicht, weil Regeln mich eher einengen als etwas in mir öffnen.


Ein Flüstern im Kopf, das strenger klingt, als es ist.
Ordnung. Struktur. Richtigkeit.
Mein Inneres schweigt nur.
Es antwortet nicht.
Es zeigt dahin, wo die Stille schwerer liegt als das Licht.
Wo ein Bild nicht gebaut werden will, sondern gespürt und so gefunden.
Wo das Gefühl entscheidet, bevor das Denken überhaupt auftaucht.


Manchmal steht ein Berg vor mir, schwer wie ein Gedanke.
Wasser, das schweigend wie die Zeit ruht.
Oder eine Farbe, die leiser ist als mein eigener Atem.


Es ist nie das Spektakel, das mich ruft.
Nie das Perfekte.
Nie das Postkartenlicht.
Es ist das, was bleibt, wenn alles Laute wegfällt.
Das Schwere.
Das Ruhende.
Das Ungesagte.


Ich fotografiere nicht, was auffällt.
Ich fotografiere, was bleibt.


Der erste Blick entscheidet.


Wenn ich dann die Datei im Lightroom öffne, weiß ich in wenigen Sekunden, ob das Bild mit mir spricht.


Es ist wie ein Gespräch zwischen zwei Fremden:
manchmal fließen die Worte, weich, klar, ungezwungen und ich weiß sofort:
Dieses Bild will etwas erzählen.
Und manchmal spüre ich dieses Stocken.
Ein Schweigen, das nicht tiefer wird, sondern dichter, fast schon unangenehm.
Eine Pause, die schwer hängt.


Ein Bild, das nicht mit mir spricht, bleibt geschlossen.
Da hilft kein Ziehen, kein Retten, kein „vielleicht geht doch noch etwas“.


Ich habe gelernt, dass ein stummes Bild nicht versagt.
Es wartet nur auf den Moment, in dem ich bereit bin, es zu hören.


Manche bleiben für immer stumm.
Solche Bilder kann ich hübsch verpacken, aber sie bleiben leer.
Und das ist in Ordnung.
Es ist auch in Ordnung, wenn ein Bild wartet.

„Verhüllt“ – ein Bild, das warten konnte.


„Verhüllt“ lag monatelang in mir wie ein Stein.
Nicht falsch – nur verschlossen.
Ich konnte es nicht deuten, nicht fühlen, nicht loslassen.
Es blieb da, als müsste ich erst weicher werden, damit es sich öffnet.
Und dann – ohne Drängen, ohne Mühe kam dieser eine Moment, der alles trägt:
ein Atemzug, in dem das Bild zu mir zurücksprach.
Leise. Klar.
Als hätte es nur darauf gewartet, dass mein Gefühl endlich dieselbe Frequenz trifft.
Aus diesem einen „Ja“ entstand eine ganze Serie.
Nicht geplant. Nur erkannt.

Wenn etwas in mir kurz stehen bleibt

Ich löse aus, wenn etwas in mir für einen Moment innehält:
ein Felsen, der etwas verschweigt,
ein See, der aussieht wie ein Gedanke,
ein Berg, der schwerer wirkt als der Tag.


Manchmal ist es schön.
Manchmal rau.
Manchmal schlicht.
Manchmal nur ein Atem, der an mir vorbeistreift.


Es ist selten Absicht.
Selten Konzept.
Selten Berechnung.
Es ist Resonanz.


Ich fotografiere nicht nur das, was vor mir liegt.
Ich fotografiere das, was mich zurückholt.


Und vielleicht ist das der Grund, warum manche meiner Bilder dunkel wirken, obwohl ich hell war.
Warum manche melancholisch wirken, obwohl es mir gut ging.
Warum Ruhe in meinen Bildern lauter spricht als jedes perfekte Licht.

ReBlick entsteht in der Stille zwischen zwei Gedanken.
Dort, wo nichts geplant ist und trotzdem alles Sinn ergibt.
Dort, wo das Motiv mich findet, bevor ich es benennen kann.
Dort, wo der Blick weich wird und das Innen sich im Außen niederlässt.
Dort, wo die Welt für einen Augenblick innehält und ich still genug bin, um sie antworten zu spüren.

Das Auslösen ist kein Akt des Sehens.
Es ist ein Heimkommen.
Ein leises Zurückgleiten in die Ruhe, in der ich mich selbst wieder finde und das Bild genau dort beginnt.

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Die Entstehung von ReBlick